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Impuls zum 12. November 2023

Zum 32. Sonntag im Jahreskreis

Von Monika Bossung-Winkler, Diözesanverband Speyer

Auf eine lange Wartezeit vorbereitet sein
Der 7. Oktober 2023 wird sich in unser friedenspolitisches Gedächtnis ähnlich einprägen wie der 24. Februar 2022. Beide Male ein brutaler Überfall, mit dem zwei Kriege beginnen, deren Ende nicht absehbar ist. Zwar sind die Art des Überfalls und das Kräfteverhältnis in beiden Konflikten sehr unterschiedlich, aber beide treffen Länder und Menschen, mit denen wir seit Jahren partnerschaftlich in verschiedenen Projekten verbunden sind. Wir haben dort Projektpartner, die sich für Frieden und Versöhnung engagieren und die sich nun plötzlich in einer Kriegssituation befinden. Mit den Projektpartnern verbinden uns Freundschaften, wir hatten gemeinsame Aktivitäten geplant. Noch im Sommer bereitete sich eine Freiwillige auf die Ausreise nach Israel/Palästina vor. Ihre Projektstelle sah sowohl eine Mitarbeit beim Arab Educational Institute in Bethlehem als auch im Lateinischen Patriarchat in Jerusalem vor. Waren es unglückliche oder glückliche Umstände, dass die Visa-Erteilung sich verzögerte, sie nicht nach Israel/Palästina reisen konnte und schließlich in ein Projekt nach Bosnien-Herzegowina wechselte? 

Wir sollen diese Enttäuschung in einem Lied vor Gott bringen: 
https://www.youtube.com/watch?v=RNbBVGU5g5U

Meine engen Grenzen, meine kurze Sicht
bringe ich vor dich.
Wandle sie in Weite: Herr, erbarme dich?
Wandle sie in Weite: Herr, erbarme dich? 

Meine ganze Ohnmacht, was mich beugt und lähmt
bringe ich vor dich.
Wandle sie in Stärke: Herr, erbarme dich?
Wandle sie in Stärke: Herr, erbarme dich? 

Mein verlornes Zutraun, meine Ängstlichkeit
bringe ich vor dich.
Wandle sie in Wärme: Herr, erbarme dich?
Wandle sie in Wärme: Herr, erbarme dich? 

Meine tiefe Sehnsucht nach Geborgenheit
bringe ich vor dich.
Wandle sie in Heimat: Herr, erbarme dich?
Wandle sie in Heimat: Herr, erbarme dich?

(von Eugen Eckert und Winfried Heurich 1981)

Wenn Jesus uns die Nähe des Reiches verkündet, macht er auch deutlich, dass auf dem Weg dorthin Ausdauer und Vorbereitung notwendig ist. Das Gleichnis von den klugen und törichten Jungfrauen steht in einer Reihe von Gleichnis zum Reich Gottes, die in der Rede vom Endgericht mündet. Es ist deshalb nicht isoliert zu sehen, sondern verdeutlicht nur einen Aspekt der Nähe des Gottesreiches. 

Jesus erzählt nach Mt 25, 1-13 folgendes Gleichnis:
1 Mit dem Himmelreich wird es sein wie mit zehn Jungfrauen, die ihre Lampen nahmen und dem Bräutigam entgegengingen. 2 Fünf von ihnen waren töricht und fünf waren klug.
3 Die törichten nahmen ihre Lampen mit, aber kein Öl, 4 die klugen aber nahmen mit ihren Lampen
noch Öl in Krügen mit.
5 Als nun der Bräutigam lange nicht kam, wurden sie alle müde und schliefen ein. 6 Mitten in der Nacht aber erscholl der Ruf: Siehe, der Bräutigam! Geht ihm entgegen!
7 Da standen die Jungfrauen alle auf und machten ihre Lampen zurecht. 8 Die törichten aber sagten zu den klugen: Gebt uns von eurem Öl, sonst gehen unsere Lampen aus!
9 Die klugen erwiderten ihnen: Dann reicht es nicht für uns und für euch; geht lieber zu den Händlern
und kauft es euch!
10 Während sie noch unterwegs waren, um es zu kaufen, kam der Bräutigam. Die Jungfrauen, die bereit waren, gingen mit ihm in den Hochzeitssaal und die Tür wurde zugeschlossen.
11 Später kamen auch die anderen Jungfrauen und riefen: Herr, Herr, mach uns auf!
12 Er aber antwortete ihnen und sprach: Amen, ich sage euch: Ich kenne euch nicht.
13 Seid also wachsam! Denn ihr wisst weder den Tag noch die Stunde.

Auf dem Weg zu Gottes Friedenreich braucht es Ausdauer und auch die entsprechende Ausstattung. Die meisten von uns haben die „Hoch-Zeit“ der Friedenbewegung miterlebt, Demonstrationen mit Zehntausenden, Hundertausenden. Wir erlebten Abrüstungsverhandlungen, den „Mauerfall“ und eine Auflösung der Blöcke. Auch zwischen Israel und den Palästinensern gab es Verhandlungen und zumindest kleine Schritte zum Frieden. Die Beteiligten bekamen dafür sogar den Friedensnobelpreis.

Wir sahen vor uns einen erleuchteten Weg zum Frieden. Zumindest in Westeuropa. Die Sicherheit Europa wurde „am Hindukusch“ verteidigt. Eine zivilgesellschaftliche Friedensbewegung erschien überflüssig. Nach dem russischen Überfall auf die Ukraine und dem der Hamas auf israelische Zivilisten kam es zwar auch die Demonstrationen, Solidaritätsaktionen und Friedensgebeten, aber eine starke „Friedens“bewegung hat sich nicht bilden können.

Jesus mahnt uns in diesem Gleichnis, dass wir auf einen langen Weg vorbereitet sein müssen. Zwischendurch können auch die Lampen verlöschen. Dann sehen wir den Weg zum Frieden, zum Reich Gottes, nicht mehr.

In den beiden kriegerischen Auseinandersetzungen, die im Moment die europäischen Medien beherrschen, scheint dieses Licht zum Frieden verloschen zu sein. Es geht nicht um den Frieden, sondern um den militärischen Sieg. Putin möchte zumindest einen Teil der Ukraine erobern, die ukrainische Führung die Grenzen von 2014 wiederherstellen. Israels Regierung will die Hamas vernichten, diese wiederum möchte den israelischen Staat beseitigen. 

An dieser Lage könnten wir wenig ändern. Wir können aber den Kontakt mit unseren Projektpartnern aufrechterhalten. Wir können ihnen in dieser Kriegssituation unsere Solidarität zeigen. Zusammen mit ihnen können wir immer wieder mahnen, dass nicht der „Sieg“ das Ziel ist, sondern der Frieden. Die Chance auf Frieden (in der Friedensforschung spricht man von den „windows of opportunity“) kommt vielleicht so überraschend wie der Bräutigam im Gleichnis Jesu. Dann haben wir hoffentlich unsere Lampen entzündet, um diese Chance zu erkennen. Vielleicht schon „morgen“, wie in dem Lied „Hiroschima“ von Georges Moustaki:

https://www.youtube.com/watch?v=x-O_OM9UsKs

Bei der Taube und dem Ölbaum
Durch die Not des Gefangenen
Von dem Kind, das nichts damit zu tun hat

Vielleicht kommt er morgen

Mit alltäglichen Worten
Mit Gesten der Liebe
Mit Angst, mit Hunger

Vielleicht kommt er morgen

Von allen, die bereits gestorben sind
Von allen, die noch leben werden
Von denen, die endlich leben werden

Vielleicht kommt er morgen

Mit den Schwachen, mit den Starken
Mit allen, die einverstanden sind
Wären es nur wenige

Vielleicht kommt er morgen

Bei all den Träumen, die mit Füßen getreten werden
Durch diejenigen, die die Hoffnung aufgeben haben
Hiroshima oder weiter
Vielleicht kommt er morgen
Der Frieden!

Wenn wir dieses Lied singen oder hören, lasst uns ein kleines Friedenslicht entzünden! Lasst uns danach noch einige Minuten in Stille an die Menschen denken, mit denen wir verbunden sind und die jetzt in einer Kriegssituation leben müssen. Wer die Möglichkeit dazu hat, kann ein Foto von dieser Kerze und den Link zum Lied zu seinen Projektpartnern schicken und die gemeinsame Hoffnung auf Frieden stärken.

Lasst uns zum Abschluss, das Gebet Jesu sprechen und dabei ganz bewusst die Zeile: „Dein Reich komme“.